Geschichte eines Pfefferkuchenmannes

 

 

Es war einmal ein Pfefferkuchenmann,

von Wuchse gross und mächtig.

Und was seinen inneren Wert betraf,

so sagte der Bäcker: "Prächtig!"

 

Auf dieses glänzende Zeugnis hin

erstand ihn der Onkel Heller

und stellte ihn seinem Patenkind,

Dem Fritz, auf den Weihnachtsteller.

 

Doch kaum war mit dem Pfefferkuchenmann

der Fritz ins Gespräch gekommen,

da hatte er schon - aus Höflichkeit -

die Mütze abgenommen.

 

Als schlafen ging der Pfefferkuchenmann,

da bog er sich krumm vor Schmerze;

an der linken Seite  fehlte fast ganz

sein stolzes Rosinenherze!

 

Als Fritz tags darauf den Pfefferkuchenmann

besuchte ganz früh und alleine,

da fehlte, o Schreck dem armen Kerl

ein Arm schon und beide Beine!

 

Und wo einst sass am Pfefferkuchenmann

die mächtige Habichtnase,

da war - ein Loch! Und er weinte still

eine bräunliche Sirupblase.

 

Von nun an nahm der Pfefferkuchenmann

ein reissendes, schreckliches Ende.

Das letzte Stückchen kam schliesslich durch Tausch

in Schwester Margaretchens Hände.

 

Die kochte als sorgliche Hausfrau draus

für ihre hungrige Puppe

auf ihrem neuen Spiritusherd

eine kräftige, leckere Suppe.

 

Und das geschah dem Pfefferkuchenmann,

den einst so viele bewundert

in seiner Schönheit bei Bäcker Schmidt,

im Jahre neunzehnhundert!

 

Paul Richter

 

 

 

         
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