Winterwonderland

 

Das Märchen vom ersten Schnee

 

Es war einmal ein Märchen, In diesem Märchen kam ein König vor, der wohnte in einem Schloss.

Der König hatte eine Tochter, die sehr hübsch war. Sie hatte lustige blonde Locken, ein freundliches Gesicht und sie trug wunderschöne Kleider, so wie es sich für eine Prinzessin gehört.

Natürlich kamen viele junge Prinzen aus der Nachbarschaft und hielten um ihre Hand an.

Als sie sich wieder einmal im Schloss versammelt hatten, sprach die Prinzessin zu ihnen: "Ich werde denjenigen unter euch erwählen, dem es gelingt, den Regen abzustellen."

"Den Regen?", fragten die Prinzen verwundert.

"Jawohl, den Regen", antwortete die Prinzessin. "ich hasse den Regen! Er macht meine wunderschönen Kleider nass und lässt meine Locken traurig herunterhängen. Er macht mich hässlich und eine Prinzessin darf nicht hässlich sein!"

Einer von den Prinzen, der dies hörte, beschloss sich gleich auf den Weg zu machen, um der armen Prinzessin zu helfen. Er sattelte sein Pferd und ritt auf dem nächsten Regenbogen, den er fand geradewegs zum Himmel empor. Bis zum Haus des Regenmachers. Der Prinz klopfte an und der Regenmacher öffnete ihm.

"Guten Tag", sagte der Prinz, "ich bin gekommen, um dich zu fragen, ob Du nicht den Regen abstellen kannst. Er macht die arme Prinzessin so hässlich."

"Abstellen kann ich den Regen nicht", erklärte der Regenmacher, "die Bäume und die Blumen brauchen ihn. Aber vielleicht kann ich den Regen etwas verändern, sodass er die Prinzessin nicht mehr  hässlich macht. Dazu brauche ich aber etwas Hilfe."

Der Prinz musste ihm versprechen die Prinzessin nach draussen zu führen, sobald der erste kalte Wintertag angebrochen war.

Es vergingen viele Wochen, und als es zum ersten Mal so richtig frostig kalt war, löste der Prinz sein Versprechen ein.

Die Prinzessin trippelte neben ihm durch den Schlosspark. Sie fror fürchterlich und hätte beinah mit den Zähnen geklappert, aber so etwas tut eine Märchenprinzessin ja nicht.

Nach einer Weile sah die Prinzessin erschrocken zum Himmel hinauf.

"Es regnet!", rief sie. "Ich habe einen Tropfen gespürt."

Es begann tatsächlich zu regnen, aber die Tropfen waren merkwürdig leicht. Es waren auch gar keine Regentopfen, die da vom Himmel fielen. Es waren lauter kleine Eisflöckchen!

Staunend standen beide da und betrachteten das Wunder: Weisse Regentropfen, die wie Watteflöckchen aussahen - so etwas hatte es noch nie gegeben!

Die Schneeflocken liessen sich auf den blonden Locken der Prinzessin nieder. Sie setzten sich auf ihr Kleid und ihre Schuhe. Ein paar Schneeflöckchen blieben an ihren langen Wimpern hängen und glitzerten dort, bis sie aufgetaut waren. Die Hauptsache aber war: Sie machten die Prinzessin wunderschön! Sogar der König war entzückt, als er seine Tochter sah. Und als der Prinz erzählte, wie es zugegangen war, dass aus dem Regen Schnee wurde, beschloss die Prinzessin ihn zu heiraten. Der König freute sich, dass seine Tochter endlich gewählt hatte und gab seinen Segen dazu.

Sehr ihr, liebe Kinder, hätte unsere hübsche Märchenprinzessin damals nicht den eigenartigen Wunsch gehabt und hätte ihn der Prinz nicht erfüllt, so würden auch heute zur Weihnachtszeit noch keine Schneeflocken fallen.

Helga R. Rossmeisl