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Weichnachten! Wort voller
sehnsüchtiger Ahnung für die Kinder, Wort voll bunter Erinnerungen für die
Alten! Wir träumen uns zurück in die Erlebnisse der Adventabende, da wir in
dem dunklen Zimmer sassen, eines an das andere geschmiegt, und von dem
flüstern, was das Christkind bringen möchte und was es wohl bringen werde. Da
ging von der Gasse her ein flüchtiger Schein an den Wänden hin "Das
Christkind, das Christkind!" riefen wir und wir lauschten, ob die Haustür
klingeln werde. Und horch! Es schellte, es pochte an die Stubentür, sie
öffnete sich, und Äpfel und Nüsse regneten herein. Aber sie tat sich rasch
wieder zu und wir klagten, dass der alte Josef oder Ruprecht nicht mit uns hereintrete.
Ein andermal hatte er mehr Zeit; da
stürzte er in das Zimmer, in Pelz gehüllt, das Gesicht vermummt, die mächtige
Rute in der Hand, den schweren Sack auf dem Rücken. Er fragte nach Fleiss und
Artigkeit und seine Rutenhiebe vergalt er durch Gaben aus seiner Bürde.
Am liebsten war uns, wenn das
schöne Christkind mit ihm kam oder Gabriel oder Petrus. Da sangen sie schöne
alte Gesänge und die Milde des Christkindes und des Engels stachen scharf ab
gegen die gutmütige aber strenge Art des Petrus und die komisch polternde des
Josef oder Ruprecht.
So ging die Adventzeit hin in
wonniger dämmernder Ahnung; wir wurden früher zu Bette geschickt, weil das
Christkind mit den Eltern zu sprechen hatte und wir zweifelten nicht daran, denn
am Morgen waren Goldflimmer auf dem Boden verstreut, die hatte das Christkind
von seinen seinen Flügeln gestreift. In den Dämmerungen gingen wir auch einmal
in ein Nachbarhaus, wo ein Kripperl aufgebaut war zahlten unser kleines
Eintrittsgeld und standen bewundern vor dem erleuchteten stufenweisen Gerüste
an der Wand, das die heilige Geschichte der Geburt Christi versinnlichte. Es war
gar bunt und seltsam; Jerusalem und Bethlehem prangten mit Moscheen und
Minaretts, im Gefolge der heiligen drei Könige schritten neben den Kamelen
preussische Soldaten und neben dem Stall plätscherte als höchster Schmuck des
Kripperls ein kleiner Springbrunnen.
Aber das störte uns nicht, ebenso
wenig wie die Vorfahren im 15. und 16. Jahrhundert sich in der Andacht irren
liessen, wenn die Anbetungen der heiligen Könige in der Tracht der Zeit gemalt
waren und die Gesichter bekannter Menschen auf heiligen Leibern sie anblickten.
So schlich der Weihnachtsabend
heran. Wir konnten kaum die Dämmerung erwarten; endlich schlug die ersehnte
Stunde. Die Reihe der Bescherung kam an uns und aus dem Dunkel stürzten wir in
das blenden helle Zimmer, in dessen Mitte der grüne Christbaum stolz sich erhob
mit den unzähligen Lichtern, der goldenen Fahne und seinem Schmuck an allerlei
niedlichen und süssen Dingen. Schenkten wir ihm auch zuerst weniger Augen als
den Gaben, die jedes für sich abgesondert fand, so kehrten wir doch zuletzt
aufmerksam zu ihm zurück, dem gemeinsamen Gute und er verbreitete noch so lange
weihnachtlichen Nachglanz bis er dann, dürr vor Alter, dem Feuer übergeben
wurde.
Noch einmal zogen wunderbare
Gestalten durch die Häuser: die heiligen drei Könige mit den goldenen Kronen
und den weissen bunt bebänderten Gewändern; dann aber war es vorüber. Wir
hatten nichts mehr zu ersehnen und langsam flossen die Wochen an uns vorbei,
Welle auf Welle, bis wir im winterlichen Neben eine Woge fern rollen sahen, die
das Weihnachtsfest trug.
Oh du süsses Fest der Kinder, oh
du frohes Fest der Eltern! Freilich bringt es über viele schwere Sorgen und
wenn die Kinder wüssten, wie die Goldflitter durch das pochende Herz der Mutter
geschlagen sind, sie würden im Jauchzen eingehalten Aber die Muttertränen
werden durch den Christ getrocknet, wo das Elternherz rein ist an Liebe und
kindlichem Gefühl, da wird die Sorge besiegt und die Armut flüchtet zu den
kalten und leeren Seelen der Reichen die keine Kindheit in Liebe hatten und
über denen keine warme Lebenssonne aufgeht, sondern nur die trügerische
Nebensonne des unterirdischen Goldes.
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